Der Kopftörlgrat (Ostgrat) ist einer der Klassiker im Wilden Kaiser und gilt als eine der bekanntesten und beliebtesten Gratklettereien in den Alpen. Mit einem Schwierigkeitsgrat von 3+ gehört er natürlich nicht zu den schwersten Klettertouren im Wilden Kaiser. Auf seinen 1000 Metern bietet er aber unzählige sehr schöne Klettermeter im 3 Grad. Letztendlich kommt es bei dieser Tour auch nicht auf den Schwierigkeitsgrad an: die Herausforderung liegt in ihrer Länge und Ausgesetztheit und sie bietet zugleich kontinuierlich einen tollen Ausblick. Diese Tour ist sicherlich eine der schönsten Zustiege auf den Gipfel der Ellmauer Halt.
Mit dem Hans Berger Haus als Stützpunkt sollte man ca. 2 Stunden für den Zustieg über den Hohen Winkel, 2 – 6 Stunden für die Gratwanderung selbst und nochmal 2 – 3 Stunden für den Abstieg über die Rote-Rinn-Scharte einplanen. Je nach Wetterlage und Schnee-Bedingungen können die Zeiten aber auch höher sein, wie wir leider mal wieder am eigenen Leib erleben dürfen.
Der Zustieg vom Hans Berger Haus zum Hohen Winkel verläuft über einen guten Wanderweg zunächst Richtung Stripsenjoch. Auf der großen Lichtung, die Märchenwiese, biegt man dann aber nach rechts ab und steigt über einen schmalen Pfad hinauf zur Westwand des Totenkirchls. Von hier geht es auf einen gut markierten Weg im Hohen Winkel Richtung Kopftörl. Der letzte Anstieg zur Rinne des Kopftörl und dem Einstieg zum Grat ist in der Regel kein Problem mehr.
Wie man auf den Bildern aber schon erahnen kann, liegt an diesem Tag noch viel Schnee. Aufgrund der Steilheit und der fehlenden Ausrüstung entscheiden wir uns für den Aufstieg über das lose Geröllfeld. Zwei Schritte vor, einer zurück, und es nimmt einfach kein Ende. So wird der Anstieg schon zu einem ermüdenden Unterfangen.
Nach drei statt zwei Stunden ist die Rinne am Kopftörl erreicht. Der Einstieg auf den Grat ist offensichtlich und um 8 Uhr beginnt die Grattour. Obwohl es eine sehr beliebte Tour ist gestaltet sich die Wegführung erstaunlich schwierig. Es gibt einfach viel zu viele Trittspuren und nicht jede führt zum Ziel. Wer die Tour bereits kennt oder mit einem Bergführer unterwegs ist wird sehr viel schneller sein als wir.
Wie angekündigt und auf einem Grat üblich wird einem kontinuierlich ein toller Ausblick auf die umliegenden Täler und Gebirge geboten. Wie man auf dem Bild aber vielleicht schon erahnen kann ziehen Wolken auf.
Das ist nun leider auch das letzte Bild vom Grat, da das Wetter innerhalb weniger Minuten komplett umschlägt und wir bei Blitz, Donner, Sturm und Hagel mitten in einem heftigen Berggewitter auf dem Grat stehen. Auch wenn das sicherlich jeder Bergsteiger mal erlebt, muss man es nicht erleben, es gibt wirklich angenehmeres.
Glücklicherweise haben wir zu diesem Zeitpunkt den vierten von insgesamt sechs Türmen bereits passiert und befinden uns somit zufällig kurz vor dem genau für solche Fälle eingerichteten Notausstieg. Völlig durchnässt geht es bei nur wenigen Metern Sicht und stürmischem Wind über 8-10 Abseillängen runter zum Gamsänger Steig. Einen großen Dank möchten wir an die Einrichter dieses Notausstieges richten, er ist wirklich perfekt markiert und eingerichtet und ermöglicht auch bei schwierigsten Bedingungen ein sicheres runter kommen.
Der Gamsänger Steig ist zwar auf der Rückseite vom Kopftörl, zumindest wenn man zum Hans Berger Haus möchte, aber den Weg über die Rote-Rinn-Scharte und den Scharlinger Boden kennen wir ja bereits. Pünktlich zum Abendessen erreichen wir bei schönsten Sonnenschein wieder die Hütte.
Auch wenn die Begehung nicht vollständig gelungen ist, war es tolles Abenteuer. Und wir haben so natürlich die Notwendigkeit, nochmal in den Kopftörlgrat einzusteigen…
Blogs zum Wilden Kaiser
Seit über zehn Jahren zieht es uns regelmäßig in den Wilden Kaiser. Das kleine Gebirge in Tirol in Österreich hat es uns seit unserem ersten Urlaub dort im Jahr 2012 angetan. Anfangs waren es die tollen Kalk-Felsen mit den langen Touren an der Kleinen Halt, die uns magisch angezogen haben. Nach all den Jahren und nachdem wir die Kleine Halt von allen Seiten beklettert haben, kehren wir heute hauptsächlich wegen der Ruhe in der Natur zurück. Für uns ist der Wilde Kaiser der Ort, an dem wir am besten vollkommen entspannen können. Mittlerweile fühlt es sich an wie nach Hause kommen, zu tollen Menschen und Freunden, die uns jederzeit herzlich im Hans Berger Haus begrüßen – zumindest wenn wir Pralinen im Gepäck haben.
2019